Österreichische Albert |
Schweitzer Gesellschaft |
Prof. Dr.h.c.mult. DDDr. Albert Schweitzer
(* 14.I.1875 - + 4.IX.1965)
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The Great White Wizard - LIFE - 19.II.1965 |
Albert Schweitzer wurde am 14. Jänner 1875 als zweites Kind in einer Pfarrersfamilie in Kaysersberg im Elsass geboren. Einige Monate nach seiner Geburt zog die Familie nach Günsbach, wo Alberts Vater bis zu seinem Tod als Pfarrer tätig war. In seinem Elternhaus wurde neben einem elsässischen Dialekt des Alemannischen auch Französisch gesprochen. Das Hochdeutsche als offizielle Amts- und Schriftsprache lernte Albert erst in der Schule. In Günsbach besuchte er die Volksschule, gefolgt von der Realschule in Münster und danach das Gymnasium in Mühlhausen. Am 18. Juni 1893 machte er dort sein Abitur. Als Kind erhielt er eine sehr gute musikalische Ausbildung, die die Grundlage für sein späteres, hervorragendes Orgelspiel bildete.
Von 1893 bis 1898 studierte er Theologie und Philosophie in Straßburg, Paris und Berlin. Die Studienzeit wurde 1894 für ein Jahr unterbrochen, da er seinen Militärdienst ablegen musste. Ab Oktober 1898 erhielt er Musikunterricht (Orgel, Klavier) bei Charles Marie Widor (1844-1937) in Paris. Widor war es auch, der Schweitzer zur Neuinterpretation des Orgelwerkes Bachs bewegte. 1899 promovierte er in Philosophie und 1900 in Theologie. Nach dem Studium in Straßburg und Paris promovierte er 1899 in Berlin im Fach Philosophie mit einer Dissertation über „Die Religionsphilosophie Kants von der Kritik der reinen Vernunft bis zur Religion innerhalb der Grenzen der bloßen Vernunft“. 1901 folgte die theologische Dissertation „Kritische Darstellung unterschiedlicher neuerer historischer Abendmahlsauffassungen“ (Erstauflage 1906), die in der zweiten Fassung den weitaus bekannteren Titel „Geschichte der Leben-Jesu-Forschung“ (Tübingen 1913) trägt. In Jahre 1902 erfolgte an der Universität Straßburg die Habilitation in Evangelischer Theologie mit der Schrift „Das Messianitäts- und Leidensgeheimnis“. Mit der Habilitation wurde er Dozent für Theologie an der Universität Straßburg und Vikar an der Kirche St. Nikolai. Seine Theologie fand unter anderem bei Fritz Buri Nachhall. Schweitzer schrieb 1905 die französische Ausgabe von „Johann Sébastien Bach“, auf die drei Jahre später 1908 seine neu verfasste deutsche Bach-Monographie folgte.
Im Jahre 1905, im Alter von immerhin schon 30 Jahren, entschloss er sich Medizin zu studieren; er wollte Missionsarzt werden. Im November 1911 beendete er erfolgreich sein Studium und im Juni 1912 heiratete er Helene Bresslau (1879–1957), die Tochter des jüdischen Historikers Harry Bresslau und seiner Frau Caroline, geborene Isay. 1912 wurde er also zum Arzt approbiert, im gleichen Jahr wurde ihm der Titel eines Professors verliehen auf Grund seiner „anerkennenswerten wissenschaftlichen Leistungen“. 1913 folgte seine medizinische Doktorarbeit „Die psychiatrische Beurteilung Jesu: Darstellung und Kritik“. In dieser Arbeit widerlegt er, analog seiner theologischen Dissertation, zeitgenössische Versuche, das Leben Jesu aus psychiatrischer Sicht beleuchten zu können. Somit war er, im Alter von 38 Jahren und bevor er nach Afrika ging, in drei verschiedenen Gebieten promoviert, hatte sich habilitiert und war Professor!
Kurze Zeit später ging er mit seiner Frau nach Afrika, genauer nach Französisch-Äquatorialafrika (heute Gabun), an einem Fluss der afrikanischen Westküste in das kleine Urwalddorf Lambaréné, und baute dort aus eigenen Mitteln ein Tropenhospital mit Leprastation. Sein Ziel war, die Not und Krankheit der dort lebenden Menschen zu lindern. Finanziert wurde das Hospital durch Spenden sowie Schweitzers Publikationen, Vorträgen und Orgelkonzerten in Europa. Bei einer seiner Reisen wurde er 1917, infolge des Ersten Weltkrieges, von den Franzosen interniert. Als seine elsässische Heimat 1918 als Folge des Ersten Weltkrieges wieder dem französischen Staatsgebiet (Frankreich) zugeordnet wurde erhielt das Ehepaar Schweitzer die französische Staatsangehörigkeit. Er selbst bezeichnete sich jedoch gern als Elsässer und „Weltbürger“; das Deutsche und das Französische beherrschte er gleichermaßen gut. Mit Frankreich verband ihn u. a. Jean-Paul Sartre, der Sohn von Schweitzers Cousine Anne-Marie. Die kritische Auseinandersetzung mit der gerade in Frankreich populär gewordenen Existenzphilosophie beschäftigte ihn noch in seinen letzten Lebensjahren. Im Januar 1919 wurde seine Tochter Rhena geboren, die bis 1970 die Stiftung ihres Vaters leiten sollte.
Dank des schwedischen Bischofs Nathan Söderblom konnte Albert Schweitzer ab 1920 in Schweden Vorträge über seine Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“ halten, mittels Orgelkonzerten seine Schulden bezahlen und Geld für die Rückkehr nach Afrika verdienen, um dort das Urwaldhospital auszubauen. Erst 1924 konnte die Familie Schweitzer nach Lambaréné zurückkehren. Aus Platzgründen entschloss sich Schweitzer, ein neues, größeres Hospital zu bauen. Dieses wurde im Januar 1927, unweit des Alten, in Betrieb genommen. Es befindet sich noch heute dort. In diesem Hospital wirkte Schweitzer, bis auf einige Unterbrechungen, bis zu seinem Tode. Vor dem 2. Weltkrieg wurde Albert Schweitzer vor allem durch sein Buch „Zwischen Wasser und Urwald“ populär, das er in kurzer Zeit 1921 geschrieben hatte. In seiner Rede zum 100. Todestag Johann Wolfgang von Goethes 1932 in Frankfurt am Main warnte Schweitzer vor den Gefahren des aufkommenden Nationalsozialismus. In seiner Rede zur Verleihung des Friedensnobelpreises 1952 warnte Schweitzer davor, alle Verbrechen der Weltgeschichte allein „den Deutschen“ und dem Nationalsozialismus anzulasten und deren Verbrechen als „einzigartig“ hinzustellen, vielmehr sei jede Art von Gewalt zu allen Zeiten und bei allen Völkern gleichermaßen zu verurteilen.
Albert Schweitzer publizierte grundlegende Werke zur Theologie, Religionsphilosophie und Musikgeschichte. Er war ein ausgezeichneter Orgelspieler und vorzüglicher Kenner und Interpret Johann Sebastian Bachs (1685-1750). Im Laufe seines Lebens erhielt er weltweit zahlreiche Auszeichnungen, Preise und Ehrenpromotionen. Unter anderen 1928 den Goethepreis der Stadt Frankfurt am Main, 1951 den Friedenspreis des Deutschen Buchhandels, den Friedensnobelpreis für das Jahr 1952 und er war Träger der Zivilklasse des Ordens Pour le mérite für Kunst und Wissenschaft. Albert Schweitzer strebte unaufhörlich nach Wahrheit, Frieden, Freiheit und Menschlichkeit. Er setzte sich für verfolgte und bedrohte Menschen ein und erhob immer wieder lautstark seine Stimme gegen den Wahnsinn des Wettrüstens und gegen die Atomkriegsgefahr. Ende des Zweiten Weltkrieges entstanden in der Schweiz, Österreich und Deutschland Dörfer, die verwaiste, verlassene Kinder und Jugendliche aufnehmen. Während weltweit die von Hermann Gmeiner (1919-1986) gegründeten SOS-Kinderdörfer am bekanntesten wurden, erfolgte 1957 in Waldenburg (Baden-Württemberg) die Gründung des ersten Albert-Schweitzer-Kinderdorfs durch Margarete Gutöhrlein. DDDr. Albert Schweitzer übernahm persönlich die Patenschaft. Ausgehend von diesem ersten Kinderdorf entwickelten sich viele Albert-Schweitzer-Kinderdörfer in Deutschland.
Am 4. September 1965 starb Albert Schweitzer im Alter von 90 Jahren. Sein Grab befindet sich in Lambaréné (Gabun, Westafrika), direkt neben dem seiner Frau, die bereits im Juni 1957 verstorben war.